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Wohnungspolitik 2018 – Stillstand überwinden

Fünf Aufgabenschwerpunkte und Kernforderungen für die neue Legislaturperiode

„Die Wohnungs- und Mietenpolitik muss ein zentrales Handlungsfeld in der nächsten Legislaturperiode werden. Fragen des Wohnungsneubaus und des bezahlbaren Wohnens werden die sozialen Fragen der nächsten Jahre sein“, erklärte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Franz-Georg Rips, auf einer Pressekonferenz in Berlin. „Einen weiteren Stillstand in der Wohnungspolitik können wir uns nicht länger leisten. Seit gut einem Jahr bewegt sich in der Wohnungs- und Mietenpolitik nichts mehr. Dieser Stillstand muss überwunden werden. Der neue Bundestag ist schon seit Wochen wieder arbeitsfähig. Die geschäftsführende Bundesregierung, eine mögliche Koalitionsregierung oder auch einen Minderheitsregierung muss die Weichen für eine sozial gerechte Wohnungs- und Mietenpolitik stellen. Die Politik muss sich endlich wieder um die wirklichen Alltagsprobleme von Millionen Menschen kümmern.“  

Wohnungsmarkt Deutschland, Dezember 2017  

In Deutschland fehlen eine Million Wohnungen. 860.000 Menschen sind wohnungslos. Seit Jahren reichen die Wohnungsneubauzahlen nicht aus, um der wachsenden Nachfrage, insbesondere in den Städten, gerecht zu werden, geschweige denn, um das bestehende Wohnungsdefizit abzubauen. 2016 wurden 278.000 Wohnungen neu gebaut, davon 115.000 im Mehrfamilienhausbereich, mit vielen teuren Eigentumswohnungen und nur gut 50.000 „klassischen“ Mietwohnungen. 2017 ist von etwa 300.000 neuen Wohnungen auszugehen, aber die Zahl der Baugenehmigungen stagniert bereits wieder. Die Sozialwohnungsbestände schrumpfen. Zurzeit gibt es nur etwa 1,25 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland, jedes Jahr werden es 50.000 bis 60.000 weniger. Neu gebaut wurden 2016 nur 24.450 Sozialmietwohnungen.  

Hohe Nachfrage und ein nicht adäquates Angebot treiben die Mieten weiter in die Höhe. In den Großstädten stiegen die so genannten Wiedervermietungsmieten zuletzt um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bundesweit betrug der Mietenanstieg 5 Prozent. Die hohen Wiedervermietungsmieten treiben jetzt auch die Mieten in bestehenden Mietverhältnissen in die Höhe. Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zählen nur die Mieterhöhungen und Vertragsabschlüsse der letzten – extrem teuren – vier Jahre. Neue Mietspiegel weisen Steigerungsraten von bis zu 10 Prozent und mehr aus. Modernisierungen treiben die Mieten zusätzlich in die Höhe, häufig an den Rand der Bezahlbarkeit und darüber hinaus. Die Wohnkostenbelastung hat Rekordniveau erreicht. Deutschlandweit zahlen 40 Prozent der Haushalte, insbesondere in den Großstädten, heute mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete. Die Kosten für Heizung und Strom kommen noch oben drauf. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGove stufen mehr als 80 Prozent der Menschen ihre Miete als zu hoch ein.  

Fünf Kernforderungen des Deutschen Mieterbundes  

1.    Wohnungsbauoffensive starten    

Dr. Franz-Georg Rips: „400.000 neue Wohnungen müssen pro Jahr gebaut werden, davon 200.000 Mietwohnungen, davon wiederum 80.000 Sozialmietwohnungen. Der Neubau bezahlbarer Mietwohnungen ist durch verbesserte Abschreibungsbedingungen und eine steuerliche Förderung bzw. Investitionszulage, verbunden mit einer Mietpreisobergrenze, anzureizen. Die jährliche Fertigstellung von 80.000 Sozialmietwohnungen setzt eine spürbare Erhöhung der Bundesmittel und entsprechende Zweckbindungen für die Länder voraus. Sicherzustellen ist, dass der Bund auch nach 2019 für die soziale Wohnraumförderung mitverantwortlich und zuständig bleibt.“        

Nadelöhr für den Wohnungsbau, insbesondere den Neubau von bezahlbaren Wohnungen, ist die Bauland- und Grundstücksfrage. Grundstücke der öffentlichen Hand sollten möglichst nicht verkauft, sondern nur in Erbpacht vergeben, Grundstücke der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) nicht mehr zu Höchstpreisen verkauft werden.
Rips: „Das wird aber nicht ausreichen. Wir brauchen Regelungen im Boden-, im Planungs- und im Steuerrecht, die das Horten von Bauland und die Bodenspekulation unterbinden.“

2.    Energetische Sanierungen sozialverträglich ausgestalten            

Dr. Franz-Georg Rips: „Die gesetzliche Regelung, dass 11 Prozent der Modernisierungskosten zeitlich unbefristet auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden dürfen, ist ein Fremdkörper im geltenden Mietpreisrecht, führt zu völlig überzogenen Mietpreissteigerungen, ist nicht mehr zeitgemäß und sollte letztlich entfallen. Für eine Übergangszeit ist die Modernisierungsumlage deutlich zu senken. Gleichzeitig ist das System der öffentlichen Förderung von Sanierungsmaßnahmen grundlegend zu überarbeiten. Derzeit reizen die Förderbestimmungen in der Praxis weder Vermieter an, zu investieren, noch sind sie geeignet, Modernisierungskosten und damit Mieterhöhungsspielräume zu reduzieren.           
Deshalb sollten die öffentlichen Fördermittel direkt dem Eigentümer zugutekommen und nicht länger auf die Modernisierungskosten angerechnet werden. Im Gegenzug ist dann die Modernisierungsumlage auf 4 Prozent zu senken.“  

3.    Mietpreisbremse nachbessern – Mietwucher verhindern            

Dr. Franz-Georg Rips: „Die gesetzlichen Regelungen zur Mietpreisbremse funktionieren nicht, wie erwartet und gewünscht, und müssen deshalb nachgebessert werden. Sinnvoll wären eine bundesweit geltende Regelung, die Streichung von Ausnahmetatbeständen und wirkungsvolle Sanktionen für Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten. Dann wären auch schon zwei Argumente des Landgerichts Berlin zur möglichen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes widerlegt.    
Zumindest müssen die Mietpreisbremsen-Regelungen so nachgebessert werden, dass der Vermieter verpflichtet wird, beim Abschluss des Mietvertrages offenzulegen, ob er sich auf Ausnahmetatbestände beruft und, wenn ja, auf welche. Außerdem muss sichergestellt werden, dass überhöhte Miete von Beginn des Mietverhältnisses an zurückzuzahlen sind.      
Parallel hierzu muss die „Mietwucher-Vorschrift“ im Wirtschaftsstrafgesetz wieder handhabbar gemacht werden, drastische Mietpreisüberhöhungen müssen als Ordnungswidrigkeit geahndet und Vermieter mit einem Bußgeld belegt werden können.“      

4.    Mietspiegel stärken – Vergleichsmiete neu definieren  

Dr. Franz-Georg Rips: „Die ortsübliche Vergleichsmiete ist das „Herzstück“ des Mieterhöhungsrechts. Um diese Vergleichsmiete, die Durchschnittsmiete in bestehenden Mietverhältnissen, rechtssicher feststellen zu können, sind Mietspiegel das geeignetste Instrument. Sie sollten flächendeckend in Deutschland eingeführt werden, mit verbindlichen Regelungen zur Ermittlung, Ausweisung und Anwendung der Vergleichsmiete.
Grundlage für die ortsübliche Vergleichsmiete müssen letztlich alle bestehenden Vertragsverhältnisse sein, zumindest aber die Vertragsverhältnisse und Mieterhöhungen der letzten zehn Jahre.
Um allzu drastische Mietsteigerungen zu verhindern, muss die Kappungsgrenzenregelung verschärft werden. Innerhalb von drei Jahren sollten die Mieten höchstens um insgesamt 10 Prozent, in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf höchstens um 6 Prozent steigen dürfen.“  

5.    Wohngeld automatisch erhöhen – Klimawohngeld einführen  

Dr. Franz-Georg Rips: „Das Wohngeld darf nicht nur alle sechs bis sieben Jahre einmal erhöht werden. Stattdessen muss Wohngeld dynamisiert, das heißt regelmäßig, zum Beispiel alle zwei Jahre, automatisch der Mieten- und Preisentwicklung angepasst werden. Überfällig ist die Einführung eines Klimawohngeldes. Die energetische Gebäudequalität schlägt sich nach Modernisierungen in deutlich höheren Kaltmieten nieder. Das muss beim Wohngeld entsprechend berücksichtigt werden.“

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