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Wohnungsnöte wachsen – Mieten steigen

Mieterbund fordert:   

  • 400.000 neue Wohnungen pro Jahr
  • 6 Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau
  • Mietpreisbremse nachjustieren
  • Vergleichsmieten- und Modernisierungs-Mieterhöhungsregelungen ändern

 

„Wir müssen schnell und viel neu bauen“, forderte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, auf einer Pressekonferenz in Hamburg. Angesichts wachsender Wohnungsnöte und steigender Mieten, insbesondere in Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten, forderte er eine Neuausrichtung der Wohnungsbauförderung, beschleunigte Bau- und Genehmigungsverfahren, eine verbesserte Baulandbereitstellung und Nachbesserungen bei den Regelungen zur Mietpreisbremse und beim Mieterhöhungsrecht. „Jährlich müssen mindesten 400.000 Wohnungen neu gebaut werden, davon etwa 60.000 steuerlich geförderte Wohnungen, die auch für Bezieher mittlerer Einkommen bezahlbar sind, und rund 80.000 Sozialmietwohnungen. Allein hierfür müssen Bund und Länder zusammen 6 Milliarden Euro im Jahr zur Verfügung stellen“, erklärte Siebenkotten.  

Wohnungsneubau  

Bundes- und Landespolitiker haben die sich abzeichnenden Wohnungsengpässe und –nöte jahrelang ignoriert und verschlafen. Jetzt ist das Wohnungsdefizit, insbesondere in Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten, auf 800.000 Wohnungen angewachsen. Der jährliche Neubau von zurzeit 250.000 bis 270.000 Wohnungen reicht nicht aus, die hier seit Jahren steigende Nachfrage zu befriedigen, das bestehende Defizit mittelfristig abzubauen und den zusätzlichen Wohnbedarf von Flüchtlingsfamilien abzudecken.
 
„Jährlich müssen mindestens 400.000 Wohnungen neu gebaut werden. Benötigt werden vor allem neue Mietwohnungen – Wohnungen, die für mittlere Einkommen bezahlbar sind – und Sozialwohnungen“, forderte der Mieterbund-Direktor. „Uns brennt das Wohnungsproblem unter den Nägeln. Wir fürchten, dass der Nachfragedruck, insbesondere nach bezahlbaren Wohnungen, in den nächsten Monaten noch einmal spürbar zunehmen wird.“ Deshalb müsse die Politik jetzt endlich handeln, damit die notwendigen Fertigstellungszahlen kurzfristig erreicht werden können. „Arbeitsgruppen, Kommissionen und Bündnisse haben die erforderlichen Expertisen, Vorschläge und Forderungen erarbeitet. Jetzt muss die Umsetzungsphase durch die Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene beginnen. Wir brauchen deutlich schnellere Bau- und Genehmigungsverfahren, Baulandmobilisierung und zügige Baulandbereitstellung vor Ort sowie verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen, um den Wohnungsbau anzukurbeln.“  

Steuerliche Rahmenbedingungen  

Zur Ankurbelung des Wohnungsneubaus sind steuerliche Anreize erforderlich. Lukas Siebenkotten: „Die gegenwärtig geltende lineare Abschreibung von 2 Prozent für Wohnbauten ist nicht mehr zeitgemäß. Sachgerecht ist ein Abschreibungssatz von 3 Prozent.“ Außerdem ist eine Sonderabschreibung für Städte, Kommunen und Kreise mit erhöhtem Wohnungsbedarf notwendig. „Der Vorschlag von Bauministerin Dr. Barbara Hendricks von voriger Woche zeigt in die richtige Richtung. Wichtig ist es, diese Steueranreize an Baukosten für den sozialen Wohnungsbau zu binden und von vorn herein eine entsprechende Mietobergrenze vorzugeben“, erklärte der Mieterbund-Direktor.  

Sozialer Wohnungsbau  

Bund und Länder müssen für die soziale Wohnraumförderung zusammen mindestens 6 Milliarden Euro bereitstellen, wenn jährlich 80.000 neue Sozialmietwohnungen gebaut werden sollen. In den letzten Jahren standen neben 518 Millionen Euro Bundesmitteln etwa 1 Milliarde Euro Ländermittel zur Verfügung. Fertiggestellt wurden 10.000 bis 15.000 Sozialmietwohnungen. „Die Erhöhung der Bundesmittel auf 1 Milliarde Euro im vorigen Jahr und der Vorschlag der weiteren Erhöhung der Bundesmittel auf 2 Milliarden Euro sind richtig, reichen aber allein nicht aus. Wichtig ist, dass die Länder die ihnen zugewiesenen Finanzmittel zweckgerichtet für Sozialmietwohnungen verwenden, möglichst in gleicher Höhe eigene Fördermittel einsetzen und ihre Förderrichtlinie, soweit notwendig, überarbeiten, damit sie potenziellen Investoren attraktive Förderbedingungen vorzeigen können“, sagte Siebenkotten.  

Soweit in Bundesländern die sachgerechte Verwendung der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau und die Kofinanzierung nicht sichergestellt werden könne, müsse das derzeitige System der Kompensationszahlungen (Zuweisung von Bundesmitteln) auf den Prüfstand. „Wer keine Sozialwohnungen baut, darf auch keinen Anspruch auf Bundesmittel zur sozialen Wohnraumförderung haben. Notfalls muss der Bund prüfen, inwieweit er die Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung wieder übernehmen kann“, forderte der Mieterbund-Direktor.  

Mietpreisbremse  

Von der seit Juni 2015 eröffneten Möglichkeit, die Wiedervermietungsmieten zu begrenzen (Mietpreisbremse), haben bisher 10 Bundesländer für rund 300 Städte Gebrauch gemacht. Trotzdem scheinen die Wiedervermietungsmieten gegenüber den Vorjahresmieten nicht zu sinken, teilweise steigen sie sogar weiter.

„Die Mietpreisbremse muss nachjustiert werden. Offensichtlich halten sich viele Wohnungsanbieter nicht an die gesetzlichen Regelungen“, kritisierte Siebenkotten. „Gleichzeitig wird es Mietern wegen zahlreicher Ausnahmetatbestände, zum Beispiel der ‚Vormietenregelung‘, fast unmöglich gemacht, die Mietpreisbremse zu ziehen. Wir fordern eine Offenlegung der Vormiete beim Vertragsabschluss und eine wirksame Sanktion für Vermieter, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten. Daneben sollte ein bereits 2013 ausgearbeiteter Gesetzesantrag des Bundesrats zu Paragraf 5 Wirtschaftsstrafgesetz (Mietwucher) aufgegriffen und beschlossen werden.  

Mietrechtsänderungen  

Neben der Einführung einer Mietpreisbremse und des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung hatten CDU/CSU und SPD weitere Mietrechtsverbesserungen in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Die Umsetzung dieser Vereinbarungen steht noch aus. Bisher existiert nur ein erstes Grundlinienpapier von Bundesjustizminister Heiko Maas, wonach Mietrechtsänderungen, insbesondere im Bereich des Mieterhöhungsrechts, vorgesehen sind. Bisher kann der Vermieter 11 Prozent der Kosten einer energetischen Modernisierung auf die Jahresmiete aufschlagen. Kostet die Modernisierung anteilig für die Mieterwohnung 20.000 Euro, bedeutet das eine monatliche Mieterhöhung von 183,33 Euro, zeitlich unbefristet. Nach den Vorstellungen des Bundesjustizministers soll der Vermieter künftig nur noch 8 Prozent der Modernisierungskosten umlegen dürfen. Bei 20.000 Euro Modernisierungskosten wäre das eine Mieterhöhung von 133,33 Euro im Monat.

„Die Verknüpfung von Modernisierungskosten und Mieterhöhung ist falsch. Es muss auf den Erfolg der Modernisierungsmaßnahme ankommen. Deshalb fordern wir die Abschaffung der Modernisierungsumlage und die Ausrichtung der Miethöhe einer modernisierten Wohnung am Mietspiegel. für eine Übergangszeit kann die Mieterhöhung auf 6 Prozent der Modernisierungskosten begrenzt werden“, sagte Lukas Siebenkotten.  

Zustimmung finden dagegen die Vorschläge des Bundesjustizministers zur Mieterhöhung der Vergleichsmieten, zur Wohnfläche und zur Kündigung wegen Zahlungsverzugs:

  • Grundlage für die ortsübliche Vergleichsmiete sollen alle Mieterhöhungen und Vertragsabschlüsse der letzten 10 Jahre sein. Bisher beträgt der Zeitraum nur 4 Jahre.
  • Der Mietspiegel, insbesondere der qualifizierte Mietspiegel, soll aufgewertet und „rechtssicherer“ werden. Wer gegen einen qualifizierten Mietspiegel argumentieren oder vorgehen will, muss vor Gericht beweisen, dass die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt sind. In einer Rechtsverordnung sollen Grundsätze zur Qualitätssicherung und Dokumentation von Mietspiegel dargestellt werden.
  • Die tatsächliche Wohnfläche soll für Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen maßgeblich sein. Abweichende Wohnflächenangaben im Mietvertrag sollen nicht mehr gelten, es soll auch keine 10-Prozent-Toleranzgrenze mehr geben, wie sie der Bundesgerichtshof über Jahre hinweg geduldet hat.
  • Die Rechtsfolgen einer fristlosen und einer ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs sollen aufeinander abgestimmt werden. Wer offenstehende Forderungen des Vermieters ausgleicht, soll letztlich wohnen bleiben dürfen.

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