Wahlkampfthema: Wohnungs- und Mietenpolitik
„Wir brauchen eine neue soziale Wohnungspolitik, eine öffentliche Investitionsoffensive und eine sozial ausgewogenes und gerechtes Mietrecht. Nur so können wir der zunehmenden Spaltung unserer Gesellschaft auf den Wohnungsmärkten begegnen. Deshalb wollen wir die Wohnungs- und Mietenpolitik zu einem wichtigen Wahlkampfthema machen. Wir erwarten, dass die Parteien vor der Bundestagswahl zu unseren wohnungspolitischen Forderungen und mietrechtlichen Vorschlägen eindeutig Position beziehen“ kündigte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, in Berlin an. “Bisher haben vor allem die Oppositionsparteien, das heißt Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, konkrete Vorstellungen zu unseren Themen entwickelt. Das erwarten wir jetzt aber auch von CDU/CSU und SPD. Die Wohnungs- und Mietenpolitik betrifft praktisch alle Menschen in Deutschland. Sie haben das Recht, zu erfahren, welchen wohnungspolitischen und mietrechtlichen Kurs die Parteien nach der Bundestagswahl fahren werden.“
Forderungen und Vorschläge des Deutschen Mieterbundes:
Mindestens 140.000 neue bezahlbare Mietwohnungen pro Jahr notwendig
Um der wachsenden Nachfrage nach Mietwohnungen gerecht zu werden, müssen mindestens 140.000 Mietwohnungen pro Jahr, davon 80.000 Sozialwohnungen, neu gebaut werden. Verbesserte Abschreibungsbedingungen für den Wohnungsbau und eine steuerliche Förderung bzw. Investitionszulagen für den Neubau bezahlbarer Mietwohnungen mit Mietobergrenzen sind hierzu erforderlich.
Soziale Wohnraumförderung: 3 Milliarden Euro pro Jahr
Ab 2017 hat der Bund seine Fördermittel für die soziale Wohnraumförderung auf 1,5 Milliarden Euro erhöht. Das reicht nicht aus, mindestens 3 Milliarden Euro sind notwendig. Die Bundesländer müssen verpflichtet werden, die Mittel des Bundes jetzt zweckgebunden für den Bau von Sozialmietwohnungen einzusetzen, eigene Finanzmittel in gleicher Höhe bereitstellen und attraktive Förderbedingungen schaffen, zum Beispiel durch die Gewährung von Zuschüssen.
Soziale Wohnraumförderung von Bund und Ländern nach 2019 sichern
Die (Mit-)Finanzierung der sozialen Wohnraumförderung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro durch den Bund ist nur bis 2019 gesichert. Ab 2020 soll die Verantwortung für Sozialwohnungen ausschließlich bei den Ländern liegen. Wir fordern, dass die dauerhafte gemeinsame Zuständigkeit von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau gesetzlich verankert wird. Ggf. ist das Grundgesetz entsprechend zu ändern.
Gemeinnütziges Wohnungsmarktsegment einführen
Für kommunale und kirchliche Wohnungsunternehmen, Genossenschaften oder Stiftungen sollen staatliche, unternehmensbezogene Förderinstrumente entwickelt werden, um so dauerhaft preiswerte Wohnungsbestände mit unbefristeten Mietpreis- und Belegungsbindungen zu schaffen. Eckpunkte einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit sind:
- Steuerbefreiung bzw. Steuervorteile und zusätzliche Zuschüsse zum Wohnungsbau für gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen,
- Mietpreisbegrenzung in Höhe der jeweils aktuellen Höchstmiete im sozialen Wohnungsbau bzw. dauerhaft unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete,
- Gewinnbeschränkung, zum Beispiel auf 3 bis 4 Prozent.
Voraussetzungen für preiswertes Wohnen und Bauen schaffen
Wesentliche Voraussetzung für preiswertes Wohnen und Bauen ist eine aktive Baulandpolitik, das heißt eine schnelle und verbilligte Bereitstellung von Bauland durch Bund, Länder und Kommunen. Öffentliche Grundstücke des Bundes oder der Länder sollen nur an die Kommunen, und zwar höchstens zum Verkehrswert, verkauft werden dürfen. Kommunen selbst sollen Grundstücke in erster Linie städtischen Wohnungsunternehmen zur Verfügung stellen, vorrangig in Erbpacht. Die Bodenpolitik und das Planungsrecht müssen so ausgestaltet werden, dass Bodenspekulationen verhindert werden und bezahlbarer Wohnungsneubau, insbesondere der Bau von preisgebundenen Wohnungen, ermöglicht wird.
Im Rahmen einer Novellierung des Baugesetzbuchs ist ein planungsrechtliches Instrument zur Steuerung der Bodenpreisentwicklung zu erarbeiten.
Altersgerecht wohnen: Dringender Handlungsbedarf
Von 11 Millionen Seniorenhaushalten leben zurzeit nur 570.000 Haushalte in einer barrierereduzierten Wohnung. Gleichzeitig steigt die Zahl der alten Menschen. Bis 2030 wird sich der Anteil der über 65-Jährigen auf 29,8 Prozent erhöhen.
Die bisherigen Anreize für öffentliche oder private Investoren, altersgerechte Wohnungen zu bauen oder umzubauen, sind völlig unzureichend. Statt der über Haushalts- und KfW-Mittel zur Verfügung stehenden 50 bzw. 75 Millionen Euro pro Jahr sind mindestens 200 Millionen Euro notwendig, um den Bestand an barrierearmen Wohnungen von derzeit 1 bis 2 Prozent kontinuierlich zu steigern.
Wohngeld: Automatische Erhöhung alle zwei Jahre
Nach derzeitiger Rechtslage werden die Höhe und die Wirkung des Wohngeldes alle zwei Jahre überprüft. Das reicht nicht aus. Stattdessen müssen die Wohngeldleistungen automatisch alle zwei Jahre an die allgemeine Preisentwicklung angepasst werden. Die Einführung eines Klimawohngeldes ist überfällig.
Mietpreisbremse nachbessern
Die Mietpreisbremse funktioniert nicht und muss dringend nachgebessert werden. Notwendig sind eine bundesweit geltende Regelung, die Streichung von Ausnahmetatbeständen und wirkungsvolle Sanktionen für Vermieter, die sich nicht an das Gesetz halten. Unerlässlich sind auf jeden Fall folgende Korrekturen:
- Beim Abschluss des Mietvertrages muss der Vermieter nachprüfbare Angaben zu Ausnahmetatbeständen, wie „Vormiete“ oder „Modernisierung“, ggf. zur Höhe und Berechnung eines Möblierungszuschlages, machen, wenn die von ihm geforderte Miete die Mietpreisbremsen-Obergrenze überschreitet.
- Der Vermieter muss verpflichtet werden, den Mietanteil, der die Obergrenze der Mietpreisbremsen-Regelung überschreitet, von Beginn des Mietverhältnisses an zurückzuzahlen.
Modernisierungsmieterhöhungen einschränken
Mieterhöhungen nach Modernisierungen sollten ausschließlich im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete erfolgen dürfen. Bei energetischen Modernisierungen könnte sich für eine Übergangszeit die Mieterhöhung am Erfolg, das heißt am Umfang der eingesparten Heizkosten, orientieren.
Zumindest aber ist § 559 BGB wie folgt zu ändern:
- Höchstens 6 Prozent der Modernisierungskosten dürfen auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden.
- Innerhalb eines Zeitraums von 8 Jahren darf die Miete wegen Modernisierungen um nicht mehr als 1,50 Euro pro Quadratmeter steigen.
- Ein Härtegrund im Sinne des § 559 Abs. 4 BGB liegt vor, wenn die Miete inkl. Betriebskosten nach Modernisierung ein Drittel des Haushaltsnettoeinkommens übersteigen würde.
- Bei der Ermittlung der Modernisierungskosten sind öffentliche Fördermittel nicht nur zu berücksichtigen, soweit sie bewilligt wurden, sondern auch soweit sie – ein entsprechender Antrag unterstellt – bewilligt worden wären.
Vergleichsmiete: Verbindliche Regelungen und neue Kappungsgrenzen
Die ortsübliche Vergleichsmiete, das heißt die Durchschnittsmiete in bestehenden Mietverhältnissen, muss sich aus Vertragsabschlüssen und Mieterhöhungen mindestens der letzten 10 Jahre ergeben. Sie muss rechtssicher festgestellt werden können. Dazu bedarf es flächendeckender Mietspiegel in Deutschland und entsprechender verbindlicher Regelungen. Die Kappungsgrenze soll bundesweit auf 10 Prozent in 3 Jahren bzw. in Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf auf 6 Prozent in 3 Jahren festgesetzt werden.
Mieterrechte wieder stärken
In den letzten Jahren hat die Rechtsprechung den Kündigungsschutz, zum Beispiel bei Eigenbedarf, aufgeweicht, das gesetzliche Mietminderungsrecht ausgehöhlt und Mieterrechte im Betriebskostenrecht beschnitten. Hier muss der Gesetzgeber korrigieren, Mieterrechte stärken und so wieder für ein ausgewogenes Mietrecht sorgen.