Vonovia ignoriert BGH-Rechtsprechung
Mieterinnen und Mieter sollen nach Modernisierungen überhöhte Mieten zahlen
„Vonovia erzielt durch Modernisierungen ihrer Bestände jährlich Mieterhöhungen im Millionenbereich. Die im Rahmen der Modernisierungsmieterhöhung zu geringen Abzüge für Instandsetzungen widersprechen sowohl dem Gesetz als auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und sind regelmäßig Schwerpunkte der Beratungen durch unsere örtlichen Mietervereine,“ erklärt der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, anlässlich des heute stattfindenden Pressegesprächs zum Vorgehen von Vonovia gemeinsam mit dem Mieterverein Dortmund.
Im Sommer 2020 stärkte der Bundesgerichtshof die Rechte von Mieter:innen bei Modernisierungsmieterhöhungen (BGH VIII ZR 81/19). Modernisiert der Vermieter die Wohnung, darf er acht Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Modernisierungskosten auf die jährliche Miete umlegen. Nicht zu den umlagefähigen Kosten gehören laut Gesetz die Kosten, die für eingesparte Instandhaltungen angefallen wären. Diese sind vom Vermieter zu ermitteln und von den Modernisierungskosten abzuziehen. Der BGH hat klargestellt, dass dabei nicht nur notwendige Reparaturen defekter Bauteile gemeint sind, sondern auch fiktive Instandhaltungskosten von Bauteilen, die zwar noch funktionsfähig sind, bei denen aber ein nicht unerheblicher Teil ihrer Nutzungsdauer bereits verstrichen ist. Der Verschleiß der Bauteile muss daher berücksichtigt werden. Auch in diesem Fall ist laut BGH ein Abzug anteiliger ersparter Instandhaltungskosten geboten, der durch Schätzung ermittelt werden muss. Vermieter:innen müssen demnach also auch die Lebensdauer und das konkrete Baualter ausgetauschter Bauteile bei der Berechnung der Mieterhöhungen berücksichtigen und entsprechende Abzüge bei der sich den Modernisierungsarbeiten anschließenden Mieterhöhungen vornehmen.
Deutschlandweit modernisiert Vonovia als größter Immobilienkonzern jährlich tausende von Wohnungen. „Die Rückmeldungen aus unseren örtlichen Mietervereinen weisen darauf hin, dass die Rechtsprechung des BGH durch den Immobilienriesen bei Modernisierungsmieterhöhungen nicht berücksichtigt wird. Mieterinnen und Mieter sind in der Folge mit überhöhten und fehlerhaften Mieterhöhungen konfrontiert", kritisiert Siebenkotten.
Das aktuelle Beispiel
In der Dortmunder Siedlung „Am Bahnhof Tierpark“, einer Wohnanlage mit über zweihundert Wohnungen, erhielten zahlreiche Mieterinnen und Mieter Mieterhöhungen bis zu 150 Euro pro Monat nach Modernisierung durch die Vonovia SE.
Vonovia nimmt dabei beispielsweise für den Austausch alter Heizkörper und Heizungsrohe aus dem Ursprungsjahr der Wohngebäude (1970er Jahre) keine Abzüge vor und berücksichtigt somit die Rechtsprechung des BGH nicht.
Der Mieterverein Dortmund hat für knapp fünfzig Mieter Widerspruch gegen die Mieterhöhung eingelegt und fordert die Belege für die Maßnahmen und die Berechnung der Instandhaltung.
„Vonovia hat in den bisher vorgelegten Belegen dargelegt, wie die Instandsetzungsabzüge bei den ausgetauschten Fenstern berechnet wurden. Eine Berücksichtigung des Baualters und der Lebensdauer finden wir nicht. Dies ist aber laut BGH notwendig“, stellt Martin Grebe, Leiter der Rechtsberatung beim Mieterverein Dortmund, fest. „Die Positionen, bei denen aus unserer Sicht zu Unrecht keine oder zu geringe Abzüge für Instandsetzungen vorgenommen wurden, machen den überwiegenden Teil der Mieterhöhung aus. Dies zeigt, wie wichtig die Anwendung des BGH-Urteils für Mieterinnen und Mieter ist.“
Auch der Deutsche Mieterbund fordert Vonovia auf, die entsprechenden Korrekturen der Mieterhöhungen bei allen betroffenen Mieterinnen und Mietern vorzunehmen. „Hier geht es um viel Geld, das den Mieterinnen und Mietern – und nicht Vonovia – zusteht", so Siebenkotten.