Mieterbund fordert anlässlich der Klimaschutzgesetznovelle
Mieterentlastung bei CO2-Preis, Modernisierungsumlage reduzieren und Fehlanreize beenden
„Durch die nun beabsichtigte Verschärfung der nationalen Treibhausgasemissionsziele rückt die Frage der gerechten Kostenverteilung einmal mehr in den Fokus. Klimaschutz und Mieterschutz müssen Hand in Hand gehen – nur so ist eine faire Klimawende im Gebäudesektor zu erreichen“, fordert die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, Dr. Melanie Weber-Moritz, hinsichtlich der heutigen Beratung des Gesetzes zur Änderung des Bundesklimaschutzgesetzes im Bundeskabinett.
Seit der Einführung des CO2-Preises zum 1. Januar 2021 – einer der zentralen klimapolitischen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele – tragen Mieter:innen die Kosten für die Emissionsminderung bei den Heizkosten derzeit alleine, also zu hundert Prozent. Dadurch verpufft der Effekt der CO2-Bepreisung im Mietwohnbereich völlig. Vermieter:innen werden nicht zum Austausch ihrer Heizanlagen angehalten, da sie die Kosten vollständig umlegen können. Mieter:innen stehen trotz Corona-Krise und wirtschaftlicher Folgen vor steigenden Heizkosten, die allein dieses Jahr in einer durchschnittlichen Wohnung bis zu 125 Euro betragen können. „Die weitere Erhöhung des CO2-Preises als wahrscheinliche Folge der Anpassung des Klimaschutzgesetzes führt zu weiteren Kostensteigerungen für Mieterinnen und Mieter – und dies ohne jegliche klimapolitische Lenkungswirkung“, kritisiert Weber-Moritz.
Der Deutsche Mieterbund fordert daher, dass der ab 1. Januar 2021 geltende CO2-Preis für Heizungen vollständig von den Vermieter:innen getragen wird. Schon jetzt sind die Heizkosten in einem energetisch schlechteren Haus im Schnitt mehr als doppelt so hoch wie in einem sanierten Haus. Der CO2-Preis dient auch nicht primär dazu, die Raumtemperatur zu senken oder den Energieverbrauch zu reduzieren. Dafür gibt es andere Instrumente, z.B. die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung, deren Höhe der Mieter direkt beeinflussen kann. Die Art der Beheizung des Hauses können Mieter:innen dagegen nicht beeinflussen. Das kann nur der Vermieter, der durch die CO2-Bepreisung zur klimabewussten Investition angereizt werden soll.
Zudem zahlen Mieter:innen bereits eine höhere Kaltmiete, wenn ihr Mietshaus energetisch saniert wird – und zwar dauerhaft und sogar unabhängig von der Klimawirksamkeit der Maßnahme. Auch im teuren Neubau wird fast die Hälfte der Gebäude noch mit fossilem Gas beheizt. „Mieter zahlen nach einer energetischen Sanierung neben der höheren Miete dann auch noch den vollen CO2-Preis. Das ist weder fair noch gerecht“, so Weber-Moritz. Die hieraus resultierenden Preissteigerungen sind für viele Mieter:innen nicht bezahlbar. Um diese vor steigenden Wohnkosten aufgrund energetischer Sanierungsmaßnahmen zu schützen, fordert der Deutsche Mieterbund die Abschaffung der Modernisierungsumlage nach § 559 BGB. Als Übergangslösung muss sie auf höchstens 4 Prozent abgesenkt werden, wobei Mieterhöhungen maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter betragen dürfen. Um auch bei abgesenkter Modernisierungsumlage Investitionsanreize zu schaffen, sollten Eigentümer:innen direkt von einer öffentlichen Förderung profitieren, die deutlich aufgestockt werden muss. „Die Kosten der klimagerechten Modernisierung des Gebäudebestandes müssen neu verteilt werden – und zwar zwischen Vermietern und Vermieterinnen, Mietern und Mieterinnen und dem Staat. Dies wäre ein fairer Weg für mehr Klimaschutz, der nicht zuletzt auch dem Solidargedanken Rechnung trägt. Klimaschutz ist schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Weber-Moritz.
Vor dem Hintergrund der nun verschärften Minderungsziele und verkürzter Fristen zur deren Erreichung, wird die Frage der Kostenverteilung immer dringlicher. Es müssen zielgerichtete und sozialverträgliche Lösungen gefunden werden, die die Mieterinnen und Mieter nicht zusätzlich belasten.
Die geplante Minderungszielverschärfung sowie die kürzeren Fristen zur Reduktionszielerreichung werden die Sanierungstätigkeiten beschleunigen. Dadurch wird die Sanierungsrate insgesamt zunehmen und die Mieten werden durch die in Anspruch genommenen Modernisierungsumlagen steigen. Um zu erreichen, dass Klimaschutz im Gebäudebestand sozialverträglich umgesetzt wird, müssen dringend verbindliche Lösungen zur Erreichung von Warmmietenneutralität nach energetischer Sanierung gefunden werden.
Hintergrund:
Das Bundesverfassungsgericht urteilte Ende April, dass das Klimaschutzgesetz in Teilen verfassungswidrig sei. Hinreichende Maßgaben für die weitere Reduktion der Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2031 fehlen. Das Gesetz sehe lediglich bis zum Jahr 2030 Maßnahmen für eine Emissionsverringerung vor, so dass die Gefahren des Klimawandels auf die Zeit nach 2030 und so zulasten der jüngeren Generation verschoben werden. Das Ziel, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei dann nur noch mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen erreichbar. Dies verletze die Beschwerdeführer, die zum Teil Jugendliche sind, in ihren Freiheitsrechten. Der Gesetzgeber wurde daher zur Nachbesserung des Gesetzes aufgefordert. Im heute vom Kabinett beratenen Entwurf wurden sektorübergreifende Minderungsziele ab 2031 ergänzt. Zudem wurden höhere Etappenziele ab 2030 vereinbart und das Minderungsziel 2030 von 55 Prozent auf 65 Prozent erhöht. Des Weiteren wurde das Ziel der Klimaneutralität von 2050 auf 2045 vorgeschoben und für 2040 ein neues Etappenziel von 88 Prozent Treibhausgasreduktion gegenüber 1990 gesetzt. Der Gebäudesektor soll demnach 2030 nicht mehr als 67 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent emittieren, dies entspricht einer Verschärfung von 3 Prozent gegenüber den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes von 2019.