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Bündnis "Umverteilen" stellt Forderungen zur Bundestagswahl vor

Gemeinsame Pressemitteilung des Bündnisses „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle!“ zur Auftaktpressekonferenz am Dienstag, den 28. März 2017, in Berlin

Das Bündnis Reichtum Umverteilen setzt im Wahljahr 2017 auf soziale Gerechtigkeit und startet pünktlich zum Bundestagswahlkampf die Kampagne „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle!“. Insgesamt 30 Organisationen, von Gewerkschaften über Wohlfahrts- und Jugendverbände bis hin zu Migranten- und Umweltorganisationen, haben sich im Bündnis zusammengeschlossen, das heute in der Bundespressekonferenz in Berlin erstmals gemeinsam öffentlich auftrat. Strategisches Ziel ist es, neben der Frage der sozialen Gerechtigkeit die Steuer- und Umverteilungspolitik in den Mittelpunkt des Wahlkampfs zu rücken. Gefordert werden unter anderem die stärkere Besteuerung finanzstarker Unternehmen sowie großer Vermögen, Einkommen und Erbschaften.  

„Die soziale Spaltung hat ein Ausmaß angenommen, das unerträglich ist“, so Frank Bsirske, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Seit Jahrzehnten nähmen weltweit und in Deutschland soziale Ungleichheit, Unsicherheit und Ungerechtigkeit zu. Zentraler Schlüssel für eine gerechtere und bessere Politik für alle sei eine steuerpolitische Kehrtwende. Deshalb müssten Millionäre und Milliardäre stärker zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden, so Bsirske.

Dem enormen privaten Reichtum stehe eine massive öffentliche Armut gegenüber, die in immer mehr Kommunen deutlich sichtbar werde. „Deutschland fährt auf Verschleiß. Aus finanzieller Not werden vielerorts Ausgaben für Kultur, Soziales und Bildung über die Schmerzgrenze hinaus zusammengestrichen. Eine solidarische Steuer- und Finanzpolitik ist letztlich die Nagelprobe und der Glaubwürdigkeitstest für einen jeden, der mit dem Versprechen eines guten Sozialstaats und mehr sozialer Gerechtigkeit antritt“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

„Die zunehmende soziale Spaltung der Gesellschaft zeigt sich auch auf den Wohnungsmärkten. Wir brauchen dauerhaft preisgebundene Sozialwohnungen, mindestens 80.000 zusätzlich im Jahr, daneben ein bedarfsgerechtes Wohngeld sowie die Übernahme tatsächlich angemessener Wohnkosten bei den Regelsätzen in Hartz IV. Auch deshalb müssen finanzstarke Konzerne, große Vermögen, Milliardäre oder Millionäre stärker als bisher an den Kosten des Gemeinwohls beteiligt werden. Reichtum umverteilen heißt, Steuergerechtigkeit herstellen, Steuerschlupflöcher schließen und Steueroasen trockenlegen“, so Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes.

Die ungleiche Vermögensverteilung gehe weltweit einher mit ungleichen Machtverhältnissen und sei damit auch in Deutschland eine ernstzunehmende Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, warnt das Bündnis. Barbara Eschen, Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz und Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg betont: „Deutschland ist ein reiches Land. Umso skandalöser ist es, dass so viele Menschen in Deutschland abgehängt sind, weil sie arm sind. Der Reichtum in Deutschland muss umverteilt werden. Und es muss endlich Schluss damit sein, verschiedene Gruppen von Bedürftigen gegeneinander aus zu spielen.“

Bestärkt in seinen Forderungen sieht sich das Aktionsbündnis auch durch den aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, in dem diese selbst vor einer zu starken Spaltung der Gesellschaft warnt und einräumt, dass Beschäftigte ihre Anstrengungen vielfach als nicht ausreichend respektiert empfänden, Langzeitarbeitslose nicht proportional vom deutschen Job-Boom profitierten und der Dienstleistungsbereich bei den Lohnsteigerungen hinterherhinke. „Wir teilen diese Diagnose. Jetzt gilt es, den Worten Taten folgen zu lassen. Wer Armut bekämpfen will, muss die Tarifbindung stärken und die gesetzliche Rente stabilisieren und schrittweise wieder anheben“, so ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske.

Mehr Informationen unter: www.reichtum-umverteilen.de

Statement Ulrich Ropertz, Geschäftsführer Deutscher Mieterbund (DMB):   

Unser Bündnis ist beispiellos breit aufgestellt. Rund 30 Organisationen aus allen Teilen der Zivilgesellschaft – beispielsweise Gewerkschaften, Sozialverbände, kirchliche Organisationen und seit diesem Jahr auch der Deutsche Mieterbund – wollen die wachsende soziale Spaltung in unserem Land nicht länger hinnehmen. Wir setzen einer unsozialen, notwendige Leistungen abbauenden Politik der schwarzen Null Forderungen nach einer öffentlichen Investitionsoffensive und nach mehr Steuergerechtigkeit entgegen.  

Die zunehmende soziale Spaltung der Gesellschaft zeigt sich für uns als Deutscher Mieterbund vor allem auch auf den Wohnungsmärkten.
335.000 Menschen in Deutschland haben keine Wohnung, im nächsten Jahr könnten es schon 536.000 Menschen sein. Das ist die extremste Form der ständig wachsenden Wohnungsarmut in Deutschland.
Eine Million Wohnungen fehlen bundesweit. Die Folgen: Drastisch steigende Mieten, insbesondere wenn ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden muss oder nach Modernisierungsmaßnahmen, immer mehr Menschen, die ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können, die ihre Wohnung verlieren, aus den Städten gedrängt werden.  

Die langsam wieder ansteigenden Wohnungsneubauzahlen tragen bisher nur unwesentlich zur Entspannung dieser Situation bei. Von zuletzt rund 250.000 fertiggestellten Wohnungen waren nur 14.653 preisgebundene Sozialwohnungen. Gleichzeitig verlieren wir aber jedes Jahr bundesweit 50.000 Sozialwohnungen, weil die Bindungen auslaufen. Insgesamt waren von den 250.000 fertiggestellten Wohnungen überhaupt nur 46.000 Mietwohnungen. Der Rest, also rund 200.000 Wohnungen, entfiel auf Ein- und Zweifamilienhäuser sowie auf teure Eigentumswohnungen. Reich baut eben für Reich. Notwendig sind aber bezahlbare Wohnungen. Hier sind Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen gefordert. Wir brauchen dauerhaft preisgebundene Sozialwohnungen, mindestens 80.000 neue Wohnungen im Jahr, daneben ein dynamisches, den heutigen Wohnkosten gerecht werdendes Wohngeld mit einer Klimakomponente und realistische Regelsätze in der Grundsicherung sowie die Übernahme tatsächlich angemessener Kosten für die Wohnung und die Energiekosten. Energiearmut, gerade in Form von Versorgungssperren und schlecht geheizten Wohnungen darf es in unserem Land nicht geben.  

Hier ist der Staat gefordert. Er kann die beschriebenen Probleme lösen. Dazu bedarf es umfassender Investitionen. Deshalb müssen finanzstarke Konzerne, große Vermögen, Milliardäre oder Millionäre stärker als bisher an den Kosten des Gemeinwohls beteiligt werden. Reichtum umverteilen heißt, Steuergerechtigkeit herstellen und Steuerschlupflöcher schließen. Es kann nicht sein, dass die großen börsennotierten Wohnungsunternehmen in den letzten Jahren hunderttausende von Wohnungen ge- und verkauft haben, ohne einen Cent Grunderwerbssteuer zu zahlen, weil sie das Schlupfloch „Share Deals“ entdeckt haben.  

Und am Schluss eine klare Botschaft: Wir lassen uns als Bündnis nicht auseinander dividieren. Wir haben gemeinsame Ziele und gemeinsame Forderungen. Und wir lassen auch nicht zu, dass einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt werden, nicht auf den Wohnungsmärkten und auch sonst nirgendwo.

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